ASG-Pflegeausbildungsgipfel in Gelsenkirchen
In der ASG sind bundesweit Menschen organisiert, die beruflich im Gesundheitswesen engagiert und/oder an der Berufspolitik interessiert sind sowie Mitglied der SPD sind. Die ASG-Gelsenkirchen hat sich vor knapp zwei Jahren darauf verständigt, ihre politische Arbeit schwerpunktmäßig an der Situation im Bereich der Pflege zu orientieren, auch weil viele Aktive in diesem Bereich arbeiten.
Vor diesem Hintergrund fand im Mai vergangenen Jahres ein erster „Pflegeausbildungs-Gipfel“ statt, zu dem jetzt erneut eingeladen wurde. Erschienen sind deutlich mehr als 50 Interessierte: Pflegedirektorinnen, Geschäftsführer von privaten Pflegediensten, zahlreiche engagierte Pflegepädagogen sowie Pflegekräfte aus Senioreneinrichtungen und Krankenhäusern. Getagt wurde, wie im vergangenen Jahr, in der AWO-Pflegeschule, in der Dickampstraße.
Ziel des „Pflegeausbildungs-Gipfels GE 2024“ war, die generalistische Pflegeausbildung, in der die Krankenpflege, die Alten- und die Kinderkrankenpflege-Ausbildung zum Berufsbild der Pflegefachkraft zusammengeführt wurden, genauer in den Blick zu nehmen. Denn im kommenden Jahr soll entschieden werden, in welchem Umfang der Bundesgesetzgeber das geltende Gesetz reformieren wird. Bleibt alles wie gehabt oder wird an einzelnen Stellschrauben gedreht und wenn ja, an welchen?
Unter dieser Fragestellung diskutierten auf dem Podium des Abends Thorsten Klute MdL (Sprecher für Gesundheit und Pflege der SPD-Landtagsfraktion NRW), Jens Albrecht, Vizepräsident der Pflegekammer NRW, Prof. Dr. Thomas Evers, Verantwortlicher für Pflege- und Gesundheitsfachberufe im Düsseldorfer Gesundheits- und Sozialministerium, Martina Koch, Pflegedirektorin des Bergmannsheils in Buer sowie Anika Schmidt, als Pflegeauszubildende. Mit einem „Zwischenruf“ erläuterte zudem Martin Wähler (ver.di-NRW) die gewerkschaftliche Sicht auf die aktuelle Ausbildungssituation.
Am Ende der gut zweistündigen Debatte war klar: Trotz vielfältiger Kritik zum Start der neugeregelten Ausbildung vor vier Jahren konnte sich die Mehrheit der Anwesenden kaum vorstellen, das Rad komplett zurückzudrehen.
Wegen des allgemeinen Pflegenotstands erscheint die Ausbildungssituation, so die Expertinnen und Experten an dem Abend, besonders in der Kinderkrankenpflege und in der Altenpflege prekär. Durch die Personalnot fühlen sich junge Auszubildende durch die Mitarbeiter vor Ort oft nicht wertgeschätzt. Deutlich wurde, dass besonders die älteren Pflegenden in der Praxis nur unzureichend auf die geänderten Ausbildungs-Anforderungen vorbereitet wurden. Diese erscheine, so die Rückmeldung der anwesenden Auszubildenden bei der ASG-Veranstaltung, vielen langjährig tätigen Pflegekräften, im Vergleich zu ihrer eigenen, früheren Ausbildung als fremd. Dadurch entstünden in der Praxis häufig Missverständnisse.
Vieles deute darauf hin, so die eingeladenen Expertinnen und Experten, dass parallel mit dem Start der generalistischen Pflegeausbildung, auch ein Generationswechsel stattgefunden habe (Generationen Z und Alpha): Insbesondere junge Menschen erwarten eine kompetente praktische Anleitung und faire Arbeitsbedingungen, die sie wegen des Personalmangels häufig in der Praxis nicht vorfinden.
An dieser Stelle erscheint die gewerkschaftliche Sicht und deren Unterstützungs-Angebote besonders für Auszubildende wichtig. Denn die eigenen Rechte und Pflichten als Mitarbeitende zu kennen, so der Jugend-Beauftragte vom Ver.di-Landesbezirk NRW, spielten eine besondere Rolle bei der individuellen Persönlichkeits-Entwicklung und für die Ausprägung eines Verantwortungsgefühls im Beruf.
Festzuhalten ist jedoch aktuell: Junge Menschen wollen lernen und dazugehören! Doch die Bedingungen dafür sind in der Pflege schwierig, so unisono die Rückmeldungen der Expertinnen und Experten beim Ausbildungs-Gipfel. Kritisch sind insbesondere kurzfristige Versetzungen, um Personalausfälle zu kompensieren. Auch dies erklärt eine Abbrecherquote von ca. 30 Prozent bei den Ausbildungsverträgen in der Pflege in NRW.
Neben der generalistischen Pflegeausbildung wurde auch die zukünftige Ausbildung „Pflegefachassistenz“ diskutiert, die einen niederschwelligen Berufseinstieg in den Pflegeberuf darstellen soll. Diese Reform wurde eine Woche vor dem Gelsenkirchener „Pflegeausbildungs-Gipfel“ von der Bundesregierung beschlossen. Die Ausbildungsdauer von 18 Monaten hat, so die Expertinnen und Experten, sowohl Vor- als auch Nachteile und erscheint als annehmbarer Kompromiss. Der Zugang zu dieser Ausbildung erfordert einen Hauptschulabschluss. In Ausnahmefällen geht es sogar ohne.
Bei allen Differenzen gab es an dem Abend aber auch viel Zustimmung: Der „Pflegeausbildungs-Gipfel“ in Gelsenkirchen soll auch im kommenden Jahr wieder stattfinden. Es ist die einzige Tagung mit dieser Thematik in ganz Nordrhein-Westfalen.