Schichtwechsel bei der SPD Gelsenkirchen

Karin Welge mit 100% zur Oberbürgermeister-Kandidatin nominiert

Symbolischer hätte man den Ort kaum wählen können: 60 Jahre nach dem letzten Schichtwechsel auf der Zeche Wilhelmine Victoria ¼ leitete die SPD am 28.02. an gleicher Stelle, der inzwischen als Kulturstätte bekannten Gelsenkirchener Kaue, ihren Schichtwechsel ein. Nachdem Frank Baranowski im September letzten Jahres erklärte, nach 16 Amtsjahren nicht erneut für das höchste Amt der Stadt kandidieren zu wollen, nominierten die Gelsenkirchener GenossInnen Karin Welge zu ihrer Oberbürgermeister-Kandidatin – mit 100 Prozent der Stimmen.„Für uns beginnt hier und heute unser Kommunalwahlkampf“
(Markus Töns)„Für uns beginnt hier und heute unser Kommunalwahlkampf. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, keinen ganz gewöhnlichen Parteitag abzuhalten“, rief der Gelsenkirchener Unterbezirksvorsitzenden Markus Töns gleich zu Beginn den Delegierten und rund 150 anwesenden Gästen aus der Stadtgesellschaft zu. Und Töns sollte Recht behalten. An diesem Abend wurde der Mensch Karin Welge, mit all Ihren dienstlichen, politischen aber auch privaten Farcetten in den Mittelpunkt gerückt. Anstatt mit der üblichen Rede begann der Parteitag mit einer privaten Talkrunde, in der die Töchter von Welge und ihre beste Freundin zu Wort kamen. Die drei gewährten dem Publikum einen ganz persönlichen Einblick in das Leben der Stadtdirektorin. „Sie nimmt sich immer Zeit. Auch, wenn sie wegen ihres Jobs eigentlich keine hat“, berichtete Birgit Loschelder, die mit Welge bereits 18 Jahre befreundet ist und sie in Xanten kennenlernte, als diese dort von 1998-2009 als Dezernentin arbeitete. Auch Giulia Welge und Laurence Heiler, die Töchter der Oberbürgermeister-Kandidatin, konnten sich dem anschließen und berichteten von dem regelmäßigen gemeinsamen Mittagessen mit ihrer Mutter nach der Schule und dem Erledigen der Hausaufgaben in ihrem Büro.„Sie ist für den Job der Oberbürgermeisterin bestens geeignet“
(Frank Baranowski)In einer zweiten Talkrunde Stand das angestrebte Amt der Oberbürgermeisterin und die Verwaltungsfrau Karin Welge im Fokus. Talkgast Frank Baranowski an erinnerte an die schwierige Ausgangssituation, welche die SPD 2004 vom ehemaligen CDU-Oberbürgermeister Wittke vererbt bekamen: „Das Hans-Sachs-Haus bestand aus einer Fassade mit Stützen,d viele Schulen, das Rathaus Buer und das Kanalnetz hat man zum Spielball von Banken gemacht. Es hat viel Kraft und Geld gekostet, diese Schäden für die Stadt wieder einzufangen.“ Angesprochen darauf, was Baranowski als Vorgesetzter von Welge seiner Stadtdirektorin ins Zeugnis schreiben würde, musste der Oberbürgermeister nicht lange überlegen: Sie habe sich in außergewöhnlichen Situationen immer durch Ihre Kompetenz, Struktur und Weitsicht ausgezeichnet. „Sie konnte Sozialdezernentin. Sie kann Kämmerin. Und wer diese beiden Ämter kann, kann auch Oberbürgermeister. Daher würde ich auf jeden Fall damit: ‚Sie ist für den Job der Oberbürgermeisterin bestens geeignet‘.“„Ich möchte für diese Stadt arbeiten, sie vorwärtsbringen, ihr auf die Beine helfen und sie fit machen für die Zukunft.“
(Karin Welge)Und dann war es soweit: Der Parteitag dauerte gerade 24 Minuten an, als Welge die Bühne betrat. Nicht etwa hinter einem Vorhang hervor. Nein, die Kandidatin, die bereits von der eingerichteten Findungskommission und vom Gelsenkirchener SPD-Vorstand einstimmig nominiert wurde, wählte ganz bewusst den Weg durch die anwesenden Gäste und nahm den Teamgedanken direkt in den ersten Sätzen ihrer Rede auf: „Ich bin angetreten, um die erste Oberbürgermeisterin Gelsenkirchens zu werden. Mit Herz. Mit Kopf. Und natürlich: mit Euch.“„Lassen wir die rechten Demagogen links liegen.“
(Karin Welge)„Bevor ihr abstimmt, sollt ihr natürlich wissen, worauf ihr euch mit mir einlasst“, machte die 57-jährige gleich zu Beginn ihrer Rede klar. Denn sie „nehme es persönlich. Ziemlich persönlich sogar“. In einer Zeit, in der Menschen gegenüber Andersdenkenden mit Hass begegnen, sei sie „dankbar auf das sozialdemokratische Fundament“ aufbauen zu können, welches „aus Anstand, Verständnis, Solidarität und Gerechtigkeit gemauert“ sei. Denn gerade in diesen Zeiten sei es wichtig, den „Feinden des Friedens und des geordneten Miteinanders in aller Deutlichkeit“ zu sagen, dass sie in Welge „eine erbitterte Gegnerin finden“. Denn sozialdemokratische Toleranz sei etwas, was sie stolz macht und auf deren Grundlage sie eine gemeinsame Werteplattform konstituieren will. Unter dem Applaus der Delegierten rief sie den Anwesenden zu: „Lassen wir die rechten Demagogen links liegen, denn sie sind keine Alternative!“Welge skizziert erste Schwerpunkte ihrer KandidaturUnd auch wenn die SPD ihr Kommunalwahlprogramm erst am 6. Juni auf einem Parteitag beschließt, skizzierte Welge die Kernthemen ihrer Kandidatur schon recht eindeutig. Es ginge ihr darum, dass „die beste Bildung für unsere Kinder kein Schlagwort bleibt“, sondern „endlich Bildungsgerechtigkeit gelebt wird“. Und, dass die „Quartiere und Stadtteile gestärkt und eigenständige Profile bekommen“, damit „wirtschaftspolitisch notwendige Ansiedlungspolitik Bedingungen vorfindet, die überzeugen und tragen“. Den Delegierten versprach sie, dass sie eine Kandidatin wählen, „die auch als Oberbürgermeisterin Karin Welge bleiben wird“.SPD-Vorsitzender Töns hatte es merklich schwer, am Ende der knapp 25-minütigen Rede mit seiner Stimme gegen den Applaus anzukommen, um die Abstimmung über die Nominierung abzuhalten. Die, wie eingangs beschrieben, mit 100 Prozent für Welge ausging. Nach der symbolischen Staffelstabübergabe von Baranowski an Welge sangen die GenossInnen das Steigerlied, ganz im Zeichen des Schichtwechsels.